Haus der deutschen Sprache

Sprachenvielfalt

Derzeit haben die Vereinten Nationen (UNO) 192 Mitglieder – unabhängige, von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Staaten.

Weltweit sind neben den Amtssprachen dieser Staaten über 6000 weitere Sprachen lebendig. Mal sind es mehrere hundert Sprachen in einem einzigen Land (z.B. Papua-Neuguinea), mal nur eine einzige (Island). Die Zahl der Sprecher(innen) bewegt sich zwischen ein paar hundert und einer Milliarde.

 

Etwas übersichtlicher, doch auch recht bunt und vielfältig ist die Situation in der Europäischen Union (EU). Während die sechs Gründerstaaten der 1950er Jahre (B, D, F, I, L, NL) in Brüssel mit Dolmetschern und Übersetzern für nur vier Amtssprachen auskamen, gibt es seit 2007 in den nun 27 Mitgliedstaaten 23 verschiedene Amtssprachen. Wenn im Rat der EU konsequent und direkt von jeder in jede Sprache gedolmetscht würde, müssten ständig 253 Kabinen besetzt sein und Drucker mit drei verschiedenen Alphabeten schnurren, neben dem lateinischen (a, b, c, d) von 21 Sprachen auch mit dem griechischen (α, β, γ, δ …) und dem kyrillisch-bulgarischen (а, б, г, д …).

 

Die kleinste der Sprachgemeinschaften in der EU ist die maltesische mit etwa 400.000 Menschen, die größte die deutschsprachige (D, A, CH, B, I, L) mit über 93 Millionen.

23 Sprachen begegnen sich täglich – wenigstens in Brüssel und Straßburg, wo heute die kulturelle und sprachliche Vielfalt innerhalb der EU am deutlichsten augen- und ohrenfällig wird. Doch auch anderswo und schon seit Jahrhunderten ist ihr Neben- und Mit-, gelegentlich auch ihr Durch- und Gegeneinander auf engem Raum kennzeichnend für den Reichtum und die bunte Lebendigkeit der europäischen Kultur. Wenn wir uns Bequemlichkeitslösungen der Sprachfaulen beherzt widersetzen, wird es noch lang dabei

Allein neun verschiedene Landessprachen werden in Deutschland und in den neun angrenzenden Nachbarländern geschrieben und gesprochen. (Hinzu kommen kleinere Regionalsprachen und Sprachinseln in mehreren dieser Länder.) In den grenznahen Regionen kommt es oft zu Überlappungen oder, da praktisch erforderlich, zu guten Kenntnissen der jeweiligen Nachbarsprache.

 

Unser Wortschatz ergänzt sich seit Jahrhunderten aus dem anderer Sprachen, so, wie man in den Sprachen aller Erdteile auch deutsche Wörter findet. Das beweist den Wert der Sprachenvielfalt (vgl. Max Behland: Wörterimport, Wörterexport). Doch die bedachte, allmähliche gegenseitige Bereicherung der Sprachen ist etwas anderes als die neuerdings hektische Durchsetzung unserer Sprache mit unnötigen, oft falsch oder gar nicht verstandenen englischen oder vermeintlich englischen Wörtern. Sprachvermischung ist das Gegenteil von Sprachenvielfalt und beschädigt sie. – Heißt die Werkstatt in Polen noch immer “warsztat“, können wir unser gutes eigenes Wort nicht schnell genug dem/der “workshop“ opfern. – Das Thema “Denglisch“ wird  breit und heftig diskutiert.

 

Gerade weil für das HDS die Freude an der Schönheit und Leistungsstärke unserer Muttersprache, ihre gute Beherrschung, das Wissen über sie und ihre zeitgemäße Fortentwicklung im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, wirbt es zugleich für den Respekt vor den Muttersprachen der anderen. Der wird gefördert durch ein wenig Wissen auch über sie.

Frau Gina Pannullo weist die HDS-Besucher freundlicherweise auf ein praktisches EU-Fachwörterbuch (in Form einer Datenbank) hin. Hier werden Begriffe aus dem Bereich der Wirtschaft, Politik, Industrie, Kommunikation etc, freilich nicht aus der Alltagssprache, in allen 23 EU-Amtssprachen und in Latein angeboten. Gepflegt und aktualisiert wird diese Datenbank von den EU-Übersetzern und -Dolmetschern.
Dieses Fachwörterbuch ist nicht nur ein unentbehrliches Hilfsmittel für Profis, sondern bietet sich auch für neugierige “Spaziergänge” sprachinteressierter Laien an.

 

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